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Was ich Euch noch sagen wollte
von Petrus Ceelen
Was Petrus Euch noch sagen wollte: „Meine Lieben. Ich möchte Euch noch einmal berühren und auch ein paar Nüsse zu knacken geben.“ Knackig. Körniges Denkfutter zum Durchkauen, gewagte Worte zum Wiederkauen. Weckrufe. Wachrüttler. Hier ringt ein Mensch mit dem Leben und seinen letzten Herausforderungen, hintersinnig, mutig, offen – open end … „Vielleicht erlebe ich doch noch meinen 80. Geburtstag. Am 11. Februar 2023 werde ich quatre vingt, zum vierten Mal zwanzig, zum zwanzigsten Mal vier. Ich feiere gerne auf französisch – mit belgischem Bier.“


Wer bestimmt (über) das Lebensende eines Menschen?
2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig. Nun standen Anfang des Monats zwei Vorschläge zur Neuregelung der Suizidbeihilfe im deutschen Bundestag zur Abstimmung, von denen keiner eine Mehrheit erreichte. Damit bleibt der rechtliche Rahmen für selbstbestimmtes Sterben weiter uneindeutig. Nach der Sommerpause soll es Anhörungen und im Herbst diesen Jahres die abschließende Abstimmung geben.
In ihrem neuen Roman “Ein Mann seiner Zeit” setzt sich die Schriftstellerin Roswitha Quadflieg literarisch mit dem Thema der Sterbehilfe und des selbstbestimmten Sterbens auseinander.
»Also gut, ich trau mich jetzt mal: Ich heiße Paul Gärtner, heute ist der 23. August 2020, Sonntag, fast 7 Uhr. Und das hier ist ein Test.«
Paul Gärtner bestellt sich einen Rekorder und beginnt, sein Leben aufs Band zu sprechen. Er hat eine schwere Krankheit hinter sich, ist auf den Rollstuhl und Pflege angewiesen. Aus dem Krankenbett kämpft er zusammen mit einem Anwalt für die Legalisierung von Sterbehilfe und die Freigabe des Medikaments von Natrium-Pentobarbital.
In acht Tagen und 95 Aufnahmen erzählt er seine Lebensgeschichte und von der Geschichte in seinem Leben – von seinem Aufwachsen in Hamburg-Barmbek, den Verwicklungen seines Vaters Kurt während der Nazi-Zeit, von seiner Zeit bei den Falken und seiner Freundschaft mit dem Thomaskantor Ed, von seiner Studienzeit in Lüneburg und im Süden Deutschlands, von der Nacht, als er mit 60 Jahren erfuhr, dass er einen Sohn in den USA hat, von Ayla und ihren beiden Söhnen Milad und Amar, die mit ihm in seinem Haus lebten und dem täglichen Tischkickerspielen mit seinem Pfleger Kuno – bis er sich eines Tages aus dem Bett erhebt und zu einer kleinen Insel im Atlantik aufbricht …
Anhand der Lebensgeschichte ihres Protagonisten Paul Gärtners wirft Roswitha Quadflieg in ihrem Roman “Ein Mann seiner Zeit” Schlaglichter auf die deutsche Geschichte von 1945 bis heute und geht der Frage nach: “Kreiert man selbst seine Biografie, oder stülpt sie sich über einen und lässt einen strampeln?”.
“Ein Mann seiner Zeit“ erscheint am 14. August bei Faber & Faber. Roswitha Quadflieg lebt in Berlin und steht gerne für Interviews zur Verfügung.
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