Vater aus Villingen wandert für verstorbenen Sohn bis ans Meer

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Marc Hensel wandert bis ins italienische Savona. Seine Frau begleitet ihn mit dem Auto. Sie verloren ihren Sohn Matteo nach nur 17 Tagen. Nun folgt eine besondere Verarbeitung. Es gehört zum Schlimmsten, was Eltern passieren kann: Das eigene Kind zu verlieren – umso mehr, wenn es kurz nach der Geburt verstirbt. “Wenn ein Leben endet, bevor es überhaupt richtig beginnen konnte, sind der Schmerz, und die Trauer der Eltern nicht in Worte zu fassen”, sagen Claudia und Marc Hensel aus Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis). Das Ehepaar musste diese Erfahrung durchleben. Ihr Sohn Matteo wurde nur 17 Tage alt. Mit einer außergewöhnlichen Reise wollen sie diese Trauer nun verarbeiten und etwas zurückgeben.

17 Tage bis ans Meer – Vom Schwarzwald bis nach Savona

Das Ziel: Das Meer der ligurischen Küste von Savona. Es ist die Partnerstadt von Villingen-Schwenningen. “Italien spielt eine sehr große Rolle. Mein Schwiegervater ist Italiener, dementsprechend hat unser Matteo auch einen italienischen Background”, begründet Marc Hensel die Auswahl seines Ankunftsortes. Von Villingen im Schwarzwald bis ans Meer: eine 640 Kilometer lange Wanderung. Marc Hensel will das Pensum in 17 Tagen schaffen – so lange wie sein Sohn am Leben war. SWR-Reporter David Zastrow berichtet im Radio über den außergewöhnlichen Plan der Familie Hensel, vom Schwarzwald bis an die ligurische Küste Italiens zu wandern.

Villinger Vater wandert für verstorbenen Sohn 17 Tage bis ans Meer3 Min Nach einer Schwangerschaft ohne Komplikationen bekam seine Frau, Claudia Hensel, vor knapp über einem Jahr plötzlich Schmerzen und musste in die Klinik. Das Kind kam mit einem Notkaiserschnitt auf die Welt, “doch dann waren keine Herztöne mehr da und Matteo musste wiederbelebt werden”, schildert Claudia Hensel die dramatischen Szenen im Krankenhaus. Die Wiederbelebung habe das Kind so sehr strapaziert, dass “wir es nach 17 Tagen gehen lassen mussten”, sagt die 39-Jährige. Sie spricht von einer “extrem schweren Zeit”. Man kämpfe mit sich selbst und mit allem.

ehepaar hensel (Foto: SWR)
Trainingswanderung: Marc und Claudia Hensel in Österreich im Mai.

Wanderung mit körperlichen und mentalen Strapazen

Nun wird Claudia ihren Mann mit dem Auto als Betreuerin begleiten. “Ich habe die komplette Ausrüstung dabei, kümmere mich um die Übernachtungen und die Verpflegung”, erklärt die Industriekauffrau, die ihren Mann auch seelisch und moralisch unterstützen will. Außerdem werde sie in sozialen Netzwerken die Wanderung dokumentieren, kündigt sie an. Marc Hensel trainiert seit Wochen hart für seinen langen Lauf: Mehrtägige Wanderungen, Joggen, Kraftübungen, und Indoorbike. Der 37-Jährige will an seine Grenzen gehen. Man komme ins Nachdenken. “So kann man sich nicht mehr verstecken und muss sich mit der Wahrheit auseinandersetzen. Das hilft hoffentlich bei der Verarbeitung”, meint der Medientechniker und vergleicht seine Reise mit Jakobsweg-Erfahrungen. Er rechne nicht nur mit körperlichen, sondern auch mit mentalen Strapazen.

marc hensel wandert (Foto: SWR, privat)
Marc Hensel trainierte zwei Tage im Tessin bei Malvaglia.

Ein Spendenlauf für sternenkinder e.V.

Die Trauer-Begleiterin und Vorsitzende des Vereins sternenkinder Villingen-Schwenningen e.V., Stefanie Tröndle, hält die Vorgehensweise des Ehepaares für vollkommen richtig. “Sie handeln aktiv und gehen offensiv damit um. Damit kommen sie nicht in die Verdrängung, denn irgendwann holt einen das Thema ein”, so Tröndle. Das sei gut, denn “Trauern ist nicht das Problem, Trauern ist die Lösung”, sagt sie weiter. Die Anlaufstelle habe der Familie Hensel viel geholfen, deshalb machen Marc Hensel und seine Frau die außergewöhnliche Reise zu einem Spendenlauf für diesen Verein. “Wir haben uns direkt am Tag nach Matteos Tod an sternenkinder e.V. gewandt. Sie haben uns bei der Beerdigung geholfen. Ich konnte den Rückbildungskurs nur mit Sternenkind-Mamas machen und musste nicht in einen normalen Kurs”, sagt Claudia Hensel. Sie und ihr Mann besuchen außerdem nach wie vor sogenannte Trauergruppen mit anderen Betroffenen. Mit den Spenden wollen sie nun Danke sagen.

marc hensel im tessin (Foto: SWR, privat)
Marc Hensel erfrischt sich in einem Gebirgsbach im Tessin.

Start am Samstag: rund 38 km pro Tag

Die Route von Marc und Claudia Hensel geht über Donaueschingen vorbei an Schaffhausen und Zürich an den Vierwaldstättersee und über die Alpen auf dem Via Gottardo. Von Airolo geht es dann über Bellinzona nach Lugano. In Italien verläuft der Wanderweg durch die Poebene bis nach Ligurien und dort über die Seealpen bis nach Savona. Das Tagespensum liegt bei durchschnittlich knapp 38 Kilometern pro Tag. Am Samstag, dem 8. Juli, geht es für Familie Hensel nach Italien. Startpunkt ist der Friedhof in Villingen, wo Sohn Matteo bestattet wurde. Danach geht es 17 Tage bis ans Meer.

wanderroute-villinge-savona-teil2 (Foto: SWR)
Die Wanderroute zeigt die Schlussetappen 14-18. Bild in Detailansicht öffnen
Wanderroute Etappe 1-6 (Foto: SWR, privat)
Die Wanderkarte zeigt die ersten sechs Etappen von Marc Hensel. Bild in Detailansicht öffnen
wanderroute-villinge-savona-teil2 (Foto: SWR, privat)
Die Wanderroute zeigt die Etappen 7-13. Bild in Detailansicht öffnen

Die Wanderroute zeigt die Schlussetappen 14-18. Bild in Detailansicht öffnen

Wanderroute Etappe 1-6 (Foto: SWR, privat)
Die Wanderkarte zeigt die ersten sechs Etappen von Marc Hensel. Bild in Detailansicht öffnen

Die Wanderroute zeigt die Etappen 7-13. Bild in Detailansicht öffnen

wanderroute-villinge-savona-teil2 (Foto: SWR)
Die Wanderroute zeigt die Schlussetappen 14-18. Bild in Detailansicht öffnen
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QUELLE: Sendung vom Fr., 7.7.2023 16:00 Uhr, SWR4 BW Regional aus Südbaden, SWR4 BW Südbaden

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